HERBSTSALON ‘14 – schwarz weiss –

„Schwarz ist optisch gesehen die Farbe, die das geringste Licht reflektiert; aber wenn das Licht über tausend kleine Grate aufgefangen wird, ergibt es den Eindruck einer Farbe, die vom dunklen bis zum ganz hellen Grau geht. Die Bereiche von Grau und Schwarz ergeben eine ganz bestimmte Qualität, die mich anspricht und fasziniert; ganz im Unterschied zur traditionellen Weise, wenn man Farben mischt, es gibt da etwas Einzigartiges und Unersetzbares …“ Pierre Soulages (geb. 1919)

„Weiß als die wahre, wirkliche Idee der Unendlichkeit und folglich befreit vom Farbhintergrund des Himmels … Schwebt hinaus! Der weiße, freie Abgrund, die Unendlichkeit, liegt vor uns ….“ Kasimir Malewitsch (1879-1935)

„Weiß ist nicht nur die Abwesenheit von Farbe, es ist eine scheinende und verstärkende Farbe, so wild wie Rot, so entschlossen wie Schwarz …“ Gilbert Keith Chesterton (1874-1936)

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Fast 100 Jahre nach seinem Entstehen wird Kasimir Malewitschs abstraktes suprematistisches Gemälde „Das schwarze Quadrat auf weißem Grund“ (1915) immer noch als Ikone der Moderne gefeiert. Die Ausstellung „SCHWARZ WEISS“ des Vereins Herbstsalon nimmt für 2014 – ohne Hommage an Malewitsch sein zu wollen – diesen Staffelstab auf und macht die beiden „unbunten“ Farben zu ihrem Thema. Für diese Ausstellung wurden die Magdeburger Künstler Jochen P. Heite und Rolf Peter Jasper ausgewählt und als Gast aus einem benachbarten Bundesland konnte die Bildhauerin Beate Debus aus Oberalba in der Rhön gewonnen werden.

Schwarz ist eine äußerst diffizile Farbe, die nicht nur für Tod und Trauer, für Dunkel und Unglück steht, sondern auch Eleganz, Modernität, Seriosität und Würde verkörpert. Physikalisch betrachtet wird die Farbe Schwarz als die Abwesenheit von Licht gesehen.
Weiß als Farbe des Anfangs, des Beginns, muss nicht nur für die vielbeschworene Unschuld und Jungfräulichkeit stehen. Sie gilt auch als kürzester Weg zur Unendlichkeit und ist Sinnbild der Unsterblichkeit.

Die Deutungen sind jedoch von den unterschiedlichen Kulturen der Menschheit geprägt. Im Buddhismus und in afrikanischen Kulturen ist Weiß die Farbe der Trauer bzw. des Todes. Wenn Weiß an manchen Orten als die Farbe der Stille gilt, ist das in anderen Breiten aber Schwarz.

Dieses Gegensatzpaar zum sinnbildlichen Träger der Ausstellung des Magdeburger Vereins „HERBSTSALON e.V.“ im Jahre 2014 zu erheben, ist eine besondere Herausforderung. Die Differenzierungen in den Farben Schwarz und Weiß werden verdeutlichen, wie „farbig“ ein Schwarz oder ein Weiß sein kann.

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Im Mittelpunkt der künstlerischen Bemühungen von Beate Debus steht der Mensch. Für den Magdeburger Herbstsalon 2014 wurden vor allem Skulpturen ausgewählt, die das Thema Tanz zum Inhalt haben. Die Farben Schwarz und Weiß unterstreichen die Dynamik der rhythmischen Bewegungen, die stark emotional erlebbar sind. Die Verflechtung von zumeist zwei Figuren in den zwei „unbunten“ Farben wird in jedem Fall zu einem außerordentlichen Spannungsfeld aufgebaut. Ihre kantigen und trotzdem sinnlichen Figurenkompositionen haben inzwischen internationales Interesse erregt und fanden so Eingang in öffentliche und private Sammlungen.

Jochen P. Heite experimentierte in den letzten Jahren ausschließlich mit der Farbe Schwarz und kam nach dem Studium der Altmeister Rothko, Reinhardt, Soulages u.a. zu ganz eigenen Ergebnissen. Bei Soulages ist die Rede von dem „Licht … und den tausend kleinen Graten“. Bei Heite werden diese Grate geradezu zum Erlebnis. Die Strukturen des Auftrags der Farbe, z. B. in der Reihe „Hommage an Monet“ -inspiriert von den berühmten Seerosenbildern - ist äußerst lebendige Malerei, die zwischen gegenständlich und abstrakt changiert. Heite hat sich hier völlig neue Wege eröffnet.
Rolf Peter Jaspers Arbeiten ließen sich am ehesten auf den Ursprung der Farben Schwarz und Weiß bei Malewitsch zurückführen, vor allem auch, weil er inzwischen die Konkrete Kunst praktiziert.

Diese wiederum hat sehr viel mit Geometrie und Mathematik zu tun. Diese ‚Methode rationale’ teilen viele Künstler; sie findet aber auch ebenso ihre Ablehnung, weil angeblich Sinnliches verloren ginge. Die Ausstellung „Schwarz Weiß“ im Herbstsalon 2014 kann unter Umständen das Gegenteil beweisen, wenn der Betrachter die große Wand mit den mathematisch errechneten, sich ständig verkleinernden Kreisen Schwarz auf Weiß betrachtet.
Die Ausstellung „Schwarz Weiß“ ist eine edle Bilderschau, die ohne Anwandlungen zum Design ihre ganz eigene Strahlkraft entwickeln wird und sich von dem ansonsten lautstarken Event-Kunstbetrieb abhebt.

Jörg-Heiko Bruns, Kurator

 
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